Dresden grüßt Vorarlberg! #wemask

...von Thomas A. Geisler, Direktor Kunstgewerbemuseum Dresden

Es ist noch gar nicht so lange her, da war Vorarlberg mein Zuhause und der Werkraum Bregenzerwald mein tägliches Ein und Alles. Jetzt darf ich das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden leiten und freue mich über die Einladung von Dornbirn plus. Manche Regionen im deutschen Bundesland Sachsen haben wie der Bregenzerwald und andere Gegenden Vorarlbergs eine lange Tradition im Handwerk und verknüpfen dieses kulturelle Erbe heute mit Innovationen aus Forschung und Technik. Design spielt dabei eine wichtige und vermittelnde Rolle. Die Stadt Dresden und Dornbirn plus haben sich beide mit viel Engagement als Gastgeber für die Kulturhauptstadt Europas beworben – um jetzt, auch ohne offiziellen Titel, die projektierten Ziele in die Kulturarbeit einfließen zu lassen und zu leben. #weact Outburst of Culture

Wie wichtig Kunst und Kultur auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie sind, zeigen die vielen Online-Initiativen und Aktionen, gestartet aus der Isolation der eigenen vier Wände und dem Lockdown der Museen und Kultureinrichtungen weltweit. Auch wir im Kunstgewerbemuseum haben uns überlegt, wie wir auf die Situation reagieren können. Als ein Museum, das sich mit Gestaltungskultur befasst, hat uns das Objekt der Maske fasziniert, seine aktuelle Bedeutung, aber auch sein geschichtlicher Hintergrund und wie sich dieses „neue“ Alltagsaccessoir in unsere Kultur einschreibt. Wir haben unter #wemask einen DIY-Aufruf gestartet und eine online Sammlung auf unserer Website und auf Instagram gestartet.

Als Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung des Corona-Virus ist die Maske zur Metapher für „Social Distancing“ – einem Miteinanderleben auf Abstand – geworden. Zugleich ist sie materielles Zeugnis für Hoffnung und Ängste in der heutigen Zeit. Der Wettbewerb um in Massen gefertigte Masken – zumeist aus China – zeigt die industrielle Abhängigkeit des Globalen Nordens, aber auch den Verlust der eigenen Produktion. Initiativen und Aufrufe zum Selbermachen im Stil einer Maker-Bewegung zeigen rund um den Globus bisher unerschlossene Kapazitäten an Kreativität und Produktivität: Die Industrie stellt Produktionen um, das Handwerk oder Do-It-Yourself-Anleitungen schaffen Abhilfe und selbst Kreativschaffende aus Design, Mode und Kunst greifen das neue „Objekt der Begierde“ auf.

Neben dem gesundheitlichen Aspekt sind das Tragen von Masken und das Artefakt selbst ein kulturell und künstlerisch vielschichtiges Thema, das sich nicht zuletzt in den Sammlungsbeständen der Museen ablesen lässt. Während in Asien der Mund- und Gesichtsschutz als Hygieneartikel zum gewohnten Bild gehören und man sich an Begegnungen in Großstädten und an Flughäfen gewohnt hat, tut man sich in Österreich und Deutschland mit der Maskierung eher schwer. Aus medizinhygienischer Sicht gibt es zudem unterschiedliche Ansichten, selbst das die deutsche Bundesregierung beratende Robert-Koch-Institut gibt dazu mehrdeutige Empfehlungen ab. Spätestens jedoch mit der Maskenpflicht ist das Objekt in unserem Alltag angekommen.

Dass das Maskieren bzw. Vermummen im öffentlichen Raum in vielen Ländern im Normalfall verboten ist, während in anderen das Verdecken des Gesichts zur Kultur gehört, ist Teil der Ambivalenz, in der alle heute zum Handeln aufgefordert sind. Die Maskerade während des Karnevals oder auf der Bühne hat hingegen in vielen Ländern eine lange Tradition. Interessanterweise zählt die langnasige Maske des „Medico Della Peste“, deren Ursprung auf das Schutzgewand der Pestdoktoren im 17. Jahrhundert zurückgeht, zu den auffälligsten Charakteren der venezianischen Maskenkunst. Die „Sonnenmaske“ August des Starken von 1709 mit seinen aus vergoldetem Blech getriebenen Gesichtszügen ist ein Prunkstück in der Sammlung der Dresdner Rüstkammer. Nun bieten diese Beispiele keine Lösungen für die akute und in vielerlei Hinsicht bedrohliche Pandemie, aber sie verweisen auf die Bedeutung des Masken-Objekts und wie es sich auf die kulturelle Praxis niederschlug. Mehr zu diesen und weiteren historischen und zeitgenössischen Masken aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresdens finden sich auf der Webseite www.skd.museum/wemask.