Starke Frauen. Starke Geschichten.

Die Welt steht still. Was kann Kultur in einer globalen Krisensituation leisten? Sie kann stützen, motivieren, Impulse liefern, Perspektiven aufzeigen.

Neapel singt von den Balkonen. Das ist eine Kulturleistung. Eine, die über schwierige Zeiten hinwegtröstet. Schon immer war Kultur ein Bindemittel zwischen den Menschen.

Im Frauenmuseum Hittisau sind wir seit jeher der Überzeugung, dass Kultur mit sozialem und politischem Handeln eng verknüpft sein soll. Sie ermöglicht eine aktive Teilhabe an der Gemeinschaft und rückt Themen ins gesellschaftliche Bewusstsein, die wenig sichtbar sind. Deshalb trägt sie zum guten Funktionieren des Gemeinwesens bei, sie unterstützt das Miteinander, stärkt die wechselseitige Verantwortung.

Wir haben uns daher entschlossen, Ihnen in den nächsten Wochen in unserem Blog „Starke Frauen, starke Biografien“ Geschichten zu präsentieren, die uns in unseren Programmen der letzten zwanzig Jahre im Frauenmuseum Hittisau auf vielfältige Weise begleitet haben. Diese Frauen sind Rolemodels, die trotz widriger Umstände Wege gefunden haben, ihren Ideen und sich selbst treu zu bleiben und ihren Schicksalen zu trotzen.

Angesichts der Situation in unserem Nachbarland Italien beginnen wir mit einer beeindruckenden Persönlichkeit: Die italienische Ärztin Rita Levi-Montalcini hat 1986 den Nobelpreis für Medizin erhalten.

 

Rita Levi-Montalcini (1909-2012)

Ihr Lächeln war immer sanft, ihr Auftreten besonnen. Sie war Ärztin und Neurologin. 1986 wurde ihr der Nobelpreis für Medizin verliehen.

Ihr Vaters, ein Ingenieur und Mathematiker, hatte für sie als Frau einen traditionelleren Weg vorgesehen. Sie trat ihm aber offen gegenüber und begann als Zwanzigjährige Medizin zu studieren. Ihre Mutter, eine Malerin, unterstützte sie dabei.

Als das faschistische Regime sie als Jüdin aus der Universität von Turin ausschloss, richtete sie sich in ihrem Haus ein Labor ein. 1943-45 lebte sie als U-Boot in Florenz, wo sie aus dem Norden Italiens geflüchtete medizinisch behandelte. Nach dem Krieg setzte sie sich intensiv für die Linderung von Krankheiten und die Eindämmung von Epidemien ein.

1947 ging sie in die Vereinigten Staaten nach St. Louis. Zunächst sollte sie ein Semester bleiben. Geworden sind es fast dreißig Jahre, so spannend war ihr Forschungstätigkeit. Sie entdeckte das mächtige "Wachstumselixier" Ngf. Nur wenige Moleküle Ngf in einem Bereich des Körpers reichen aus, um die für das perfekte Funktionieren des Nervensystems notwendigen Zellen wachsen zu lassen. So wurde verständlich, warum ein Lebewesen aus einer einzigen Zelle geboren wird, aber mit der Zeit zu einer regelrechten Architektur wird, die aus Dutzenden von verschiedenen Geweben besteht.

So schätzte sich Rita Levi-Montalcini selbst ein: „Das Fehlen psychologischer Komplexe, die Hartnäckigkeit, den Weg zu gehen, den ich für richtig hielt, die Gewohnheit, Hindernisse zu unterschätzen – eine Eigenschaft, die ich von meinem Vater geerbt habe – sie haben mir enorm geholfen, den Schwierigkeiten des Lebens zu begegnen. Auch die Neigung, andere mit Sympathie und ohne Misstrauen zu betrachten, habe ich meinen Eltern zu verdanken".

Betrachten wir einander mit Sympatie und ohne Misstrauen. Und halten wir dabei Abstand.

Bleiben Sie gesund!

Stefania Pitscheider Soraperra und das Team des Frauenmuseum Hittisau

© Frauenmuseum Hittisau 2020